,,Es ist alles bestens geplant“, sagt Langnickel. Der Langstreckenspezialist hat quasi das ganze Jahr darauf hingearbeitet, dass er die runde Zahl in Berlin feiern kann. 15 Marathons hat er allein in diesem Jahr bestritten, den letzten vor zwei Wochen in der Schweiz. ,,Zwischendurch habe ich Sorge gehabt, ob das überhaupt klappt“, sagt er. Schmerzen am Ischias hat er aber immer rechtzeitig in den Griff bekommen. Ausgefallen ist keiner der geplanten Starts. Zu Berlin hat Achim Langnickel aus verschiedenen Gründen eine besondere Affinität. Keinen anderen Marathon hat er so oft bestritten wie den Berliner. 17 Mal erreichte er in der Metropole das Ziel. 1983 lief er dort mit 2:53:04 Stunden seine Bestzeit.
Wer in Berlin 10 Teilnahmen vorweisen kann, zählt zu den ,,alten Hasen“ und wird in den Jubilee-Club aufgenommen, eine lebenslange, grüne Startnummer inklusive. Allerdings muss die Aufnahme in den Club beantragt werden. Langnickel hat bislang keinen Wert darauf gelegt, aber das hat sich in den letzten Wochen geändert. Alle 17 Urkunden hat er jetzt im Gepäck. ,,Ich kann lückenlos alles nachweisen“, legt Achim Langnickel Wert auf saubere Dokumentation seiner Ergebnisse. Die meisten kennt er sowieso auswendig. Er weiß noch genau, dass er fünf Mal den Marathon unter drei Stunden gelaufen ist. Der schönste dieser schnellen Marathons sei London gewesen, wo er 2:57 Stunden erzielte.
Achim Langnickel hat, seit er vor 33 Jahren mit dem Ausdauersport begann, immer das Laufen mit außergewöhnlichen Reisen verbunden. Nur wenige Marathonläufer sind so weit gereist, wie der gelernte LKW-Fahrer. Dreimal war er beim Honolulu-Marathon auf Hawaii, zweimal beim größten Marathon der Welt in New York, zweimal in Stockholm, dreimal auf Cuba. Langnickel ist die Strecke des Ursprungs gelaufen von Marathon nach Athen, er war in Hongkong, in Tokio, Malta, Kopenhagen, Wien, Budapest und Paris. Mit Visum ist er in den 80er Jahren den Moskau-Marathon gelaufen, oder es zog ihn mal wieder in die Sonne nach Barbados oder wie in diesem Jahr, nach Tahiti. Fehlt in dieser illustren Sammlung noch ein Marathon?. ,,Dubai, da möchte ich nächstes Jahr hin“, kommt die Antwort wie aus der Pistole. Läufe wie dieser im Wüstenstaat liegen dem Clarholzer. ,,Hitze macht mir nichts“, sagt er und verweist auf den Münster-Marathon 2003, wo er bei 30 Grad mit 4:09 Stunden die aktuell schnellste Zeit erzielte. Hitze prägte schon Langnickels Debüt-Marathon Mitte der 70er Jahre in Daverden.
In letzter Zeit hat Achim Langnickel ein Faible für Bergmarathons entwickelt. Achtmal war er beim Jungfrauen-Marathon in der Schweiz, wo es 42 km am Stück bergauf geht. ,,Ein einzigartiges Bergpanorama“, schwärmt Langnickel. Seine Stärke am Berg kommt ihm hier entgegen: ,,Am Berg habe ich ein ganz anderes Ritzel.“ Damit ist er auch jedes Jahr wieder ,,gesetzt“ beim Hermannslauf. Im nächsten Frühjahr steht dort die 30. Teilnahme in Folge an. Eine außergewöhnliche Serie hat Langnickel mit 46 Teilnahmen bei 100-km-Läufen hingelegt (Bestzeit 1983: 8:17 Stunden). Noch kurioser ist seine Bestleistung bei einem 24-Stunden-Lauf. 1988 lief Langnickel in Holland 200,2 Kilometern am Stück. Die ganz langen Wettkämpfe hat er inzwischen aus seinem Repertoire gestrichen. Aber 80 Kilometer beträgt das wöchentliche Trainingspensum bei Achim Langnickel immer noch. ,,Wenn man seinen täglichen Lauf nicht gemacht hat, ist die Welt nicht in Ordnung“, lautet seine Devise. In der Läuferszene ist Achim Langnickel bekannt wie ein bunter Hund. Dass er immer häufiger seine alten Laufgefährten nicht mehr trifft, bedrückt ihn manchmal. Er selbst will noch viele Jahre laufen. ,,Solang ich kann, werde ich das beibehalten“, sagt er, ,,den Biss habe ich nach wie vor.“
Welche Ziele hat er sich für Sonntag gesteckt? Langnickel zitiert Max Wittwer, der ihn vor über 30 Jahre in die Laufgruppe Marienfeld holte: ,,Nur nicht verrückt machen lassen.“ Gut durchkommen wolle er, und wenn alles rund läuft, dann die 4:15 Stunden anpeilen. Aufgeregt sein wird Langnickel auch dann nicht, wenn er am Sonntag morgen kurz vor neun Uhr zusammen mit 34 000 Läufern unterhalb des Brandenburger Tores dem Startschuss entgegen fiebern wird. ,,Ich mach‘ ja schließlich nicht meinen ersten Marathon.“