Marienfeld (rob). 12 Triathleten starteten 1978 beim ersten Ironman auf Hawaii, damals in Folge der oft zitierten „Bierwette“: wer wohl ausdauernder sei, der 3,8 Kilometer Schwimmer, der 180 Kilometer Radfahrer oder der Marathonläufer. Am Samstag, 40 Jahre später, springen rund 2.500 Athleten in Kailua Kona in den Pazifik zur Ironman-Weltmeisterschaft – allesamt zuvor qualifiziert bei einem der vielen Kontinental-Wettbewerbe. Darunter sind zwei heimische Dreikämpfer. Heiko Lewanzik (36) und Claas Bradler (35) von Trispeed Marienfeld haben sich in Zürich und Kopenhagen für die Ironman-WM qualifiziert.
Seit dem letzten Wochenende sind Lewanzik und Bradler mit ihren Familien vor Ort. Am Montag sind die beiden die Wendepunkt-Radstrecke nach Hawi abgefahren, allerdings nur in eine Richtung mit Rückwind. Beide strahlten am Ende Zuversicht aus, 32er Schnitt mit nur 185 Watt. Das Wetter ist gut, die Stimmung auch. Für Heiko Lewanzik ist es der zweite Start auf der Insel. Vor zwei Jahren trotze der gebürtige Steinhagener einer zwei Tage zuvor eingefangenen Erkältung. Seine verschnupft erzielten 9:46:54 Stunden (Rang 297) will der Sport- und Chemielehrer jetzt steigern. Die Ergebnisse des Sommers zeigen, die Form stimmt. Mit 9:06:12 Stunden (55:38-4:56:12-3:09:53) Stunden war Lewanzik in Zürich auf Rang 16 fast drei Minuten schneller unterwegs als bei seiner Premiere an gleicher Stelle vor zwei Jahren.
„Das Ziel ist klar Top 100“, sagt Lewanzik, „dafür muss man 9:20 Stunden bringen.“ Wegen der gefühlten Hitze und dem erwarteten Wind seien Prophezeiungen indes schwierig, so Lewanzik. Die Schwimmstrecke sind die Trispeed-Athleten am Mittwoch abgeschwommen – unter einer Stunde, dabei wurden sie kurzzeitig von einem Delphin begleitet. „Da ist noch Luft nach oben“, äußerte Lewanzik Zuversicht, als er aus dem Wasser stieg und der Vorjahressieger Patrick Lange ihm über den Weg lief: „Der kannte mich sogar.“
Dabei hatte ihn ein doppelter Bänderriss im Frühjahr zumindest läuferisch einige Wochen aus der Bahn geworfen. Und im Mai war er zum zweiten Mal Vater geworden, was das Freischaufeln von Trainingszeit nicht einfacher machte. Radeinheiten unter zwei Stunden absolvierte er auf dem Ergometer. „Fenster auf, Blick auf den Kölner Dom, was will man mehr?“, sagte Lewanzik. Mit dem Rad aus der Innenstadt raus und wieder rein zu kommen, „da brauche ich über eine Stunde“, erklärte der Wahl-Kölner.
Home-Training ist bei den Dreikämpfern ohnehin stark im Kommen: Dem Vorjahreszweiten, Lionel Sanders (Kanada) wird nachgesagt, den überwiegenden Teil des Trainings auf Laufband und Radergometer zurück zu legen. Auch Claas Bradler hat im Winter den Einstieg auf der Rad-Rolle gemacht. Bradler hat ein Traumjahr hinter sich mit Hermannslauf- und 10-km-Bestzeit, Vater-Freuden im Juni, Erfolgen auf der Mitteldistanz in Harsewinkel und bei allen Liga-Starts inklusive Meisterschaft und Aufstieg. Erst das „Drama“ beim Ironman-Duathlon in Hamburg löste ihn für wenige Tage auf. Bradler finishte dort mit sehr gutem Ergebnis, aber es blieb ein Makel: Der Titel Ironman fehlte ihm. Letztlich bescherte genau das dem 35-Jährigen die Qualifikation. Drei Wochen später startete er mit einer Trotzreaktion („Jetzt erst recht!“) in Kopenhagen einen zweiten Versuch, und löste mit einer Zeit von 9:03:06 Stunden (52:55 – 4:46:54 – 3:16:56) als Siebter der Altersklasse M35 (Rang 40 unter 2.390 Startern) das Ticket für Hawaii.
Danach ging der Hype erst richtig los: Bradler besorgte sich einige persönliche Sponsoren, das Lokalfernsehen kam vorbei und viele fragten, wieso der 35-Jährige gerade jetzt so schnell geworden sei, wo er doch schon seit zehn Jahren im Triathlon aktiv ist. „Radfahren habe ich ja nie richtig trainiert“, sagt der „gelernte“ Rettungsschwimmer. Und geregelte Umfänge auch nicht. Vor Hawaii hat er alle wichtigen Einheiten allein absolviert. Den meisten Trainingskollegen war das Tempo ohnehin zu schnell. 30 Kilometerläufe beispielsweise lief er im Tempo von 4:26 Minuten pro Kilometer. Dabei habe er nur einen Puls von 130 also von zwei Dritteln seines Maximalpulses, sagt Bradler und lacht: „Laut meiner Sportuhr bin ich jetzt austrainiert.“
Das Wochenpensum pendelte bei ihm zuletzt zwischen acht bis zehn Stunden in kurzen Phasen bis hin zu 16 bis 18 Stunden in den Umfänge-Wochen. Durch Umstellung der Ernährung (u.a. Verzicht auf Süßes und Alkohol) reduzierte er sein ohnehin schon geringes Gewicht von 64 auf 62 Kilo.
Als Mindestziele hat sich Claas Bradler „Ankommen“ und eine Zeit von 9:45 Stunden gesetzt. Er hat sein Aerorad durch Laufräder mit hohen Felgen noch leichter und aerodynamischer gemacht. Fürs Fernsehen dreht er auf Hawaii Live-Bilder mit einer Go-Pro. Und die Familie zieht gemeinsam an dem sportlichen Strang. Zum Training wechselt er sich mit seiner Frau Vanessa ab, die trotz Schwangerschaft und jetzt als junge Mutter ebenfalls eifrig schwimmt, radelt und läuft. Als das Lokalfernsehen letzte Woche nachharkte, ob man sagen könne, dass die Bradlers eine sportliche Familie seien, wunderten sich die beiden offensichtlich über die Frage. Zwei Sekunden Stille im Raum. Zusammen dürften sie zurzeit auf 30 Wochenstunden Sport kommen. „Ich denke schon“, antwortete Vanessa Bradler schließlich.